Geowissenschaftliches Forschungsprojekt 2018
2D-Seismik in Oberfranken
Am 20. Oktober 2018 war in Engelmannsreuth bei Creußen Auftakt für eines der größten geophysikalischen Forschungsprojekte seit Langem in
Oberfranken. Rund 2.1 Mio. Euro
investiert die Geothermie-Allianz Bayern mit Mitteln des Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft
und Kunst, um der Frage nach den Ursachen für die
geothermische Anomalie unterhalb der nördlichen Frankenalb nachzuspüren. Dort steigt die Temperatur in die Tiefe mit bis zu 4,5 °C pro 100 Meter an.
Zum Vergleich: der globale Durchschnittswert liegt bei 3,3 °C pro 100 Meter.
"Bei den Untersuchungen handelt es sich zunächst um grundlagenorientierte Forschung, denen eines Tages praktische Anwendungen folgen können", erläuterte
Dr. Wolfgang Bauer bei der Vorstellung des Projektes in Engelmannsreuth. Als Beispiele für eine spätere Anwendung nannte Bauer die
die Strom- und Wärmegewinnung oder den
Betrieb von geheizten Gewächshäusern. Dazu sei es jedoch erforderlich, so der Geowissenschaftler vom GeoZentrum Nordbayern in Erlangen weiter, die
Struktur des Untergrundes bis in sechs Kilometer Tiefe genauer zu kennen und
eine Vorstellung über die Aufstiegswege der Wärme entlang von Brüchen und Störungen zu erhalten. Abgesehen von einzelnen Bohrungen mit einer maximalen Tiefe
von 1.600 m sowie einer 1989/1990 durchgeführten Seismik (DEKORP-3)liegen über die Region Oberfranken kaum Kenntnisse über den tieferen Untergrund vor.
Zur Untersuchung der unterirdischen Formationen setzt das GeoZentrum Nordbayern das geophysikalische
Verfahren der Vibroseismik ein. Bei dieser auch
in bebauten Gebieten gut durchführbaren Methode strahlen drei Vibrationsfahrzeuge kurze Schwingungsimpulse (Schallwellen) in den Untergrund ab
(Frequenzspektrum: 8 – 100 Hertz). Diese werden an
Gesteinsgrenzen reflektiert und an der Oberfläche von hochsensiblen Geophonen je nach Eindringtiefe und Reflektionswinkel zeitversetzt registriet.
Aus den unterschiedlichen Laufzeiten ermitteln Geophysiker in Zusammenarbeit mit Geologen ein Untergrundmodell bis in sechs Kilometer Tiefe.
Die Anregung des
Untergrundes erfolgt für eine Dauer von 20 Sekunden. Zur Verbesserung der Signale wird eine Messung zwei- bis dreimal durchgeführt.
Wo wird gemessen?
Der Messtrupp bewegt sich entlang von vier Profillinien mit einer Gesamtlänge von rund 200 Kilometern
durch Oberfranken. Die Messkampagne wird etwa
vier Wochen dauern (Mitte Oktober bis Mitte November 2018). Entlang der Messlinien reihen sich die Vibrationspunkte alle 100 Meter aneinander, d.h.
die Vibrationsfahrzeuge werden auf der Gesamtstrecke mehr als 2.000-mal den Untergrund bis in 6 Kilometer Tiefe mit den Schallwellen
"durchleuchten". Projektleiter Dr. Wolfgang Bauer
versichert, dass das Verfahren äußerst schonend ist und dass auf sensible Infrastruktur wie Brücken, Leitungen, denkmalgeschützte
Gebäude sowie Schutzgebiete besondere Rücksicht genommen wird.
Das Forschungsprojekt im GEOPARK Bayern-Böhmen
Die Geschäftsstelle des Geoparks freut sich darüber, dass ein Teil des Messprofils das Gebiet des Geoparks umfasst. Die Ergebnisse des Projektes
lassen damit auch neue Kenntnisse über die erdgeschichtliche Entwicklung einiger Bruchzonen zwischen Creußen und Hollfeld erwarten. Die
Geschäftsstelle des Geoparks unterstützt das GeoZentrum Nordbayern durch seine regionalen Kenntnisse.
Weitergehende Informationen
Zu dem Projekt gibt es eine eigene Homepage: www.seismik.nat.fau.de
Ein Projekt des GeoZentrum Nordbayern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Verbund der Geothermie-Allianz Bayern.
www.gzn.nat.fau.de
(Webseite GeoZentrum Nordbayern)
www.mse.tum.de/gab
(Webseite Geothermie-Allianz Bayern)
Abgesenkte Rüttelplatte an einem der drei Vibrationsfahrzeuge.
In den Erdboden eingesetztes Geophon ("Erdmikrophon") zur Registrierung der im Untergrund reflektierten Schwingungen. Die Messsonde erfasst die Schwingungen in einer vertikalen und zwei horizontalen Ebenen. Über das Messkabel leiten je 12 Geophone pro 100 Meter die Daten an den Messwagen. Über Funk steuert dieser die drei Vibrationsfahrzeuge.
Lage der vier Profillinien durch Oberfranken. Zum Vergrößern ins Bild klicken. © GeoZentrum Erlangen.